Mehr als 30 Jahre lang stand Ilse Schwarz-Schiller an der Spitze der von ihr 1986 gegründeten "Chopin Gesellschaft". Unermüdlich bildete sie angehende Pianisten aus und schaffte es immer wieder, namhafte Künstler nach Oberursel zu holen. Für ihr "identitätsstiftendes" Engagement erhielt sie am Mittwochabend den neugeschaffenen "Ursella-Preis" der CDU.
VON FLORIAN NEUROTH


So richtig glücklich war Ilse Schwarz-Schiller nicht, als es 1975 gemeinsam mit dem Ehemann aus dem Stuttgarter Raum nach Oberursel ging. Mit dem Vordertaunus habe sie anfangs nicht viel anfangen können, gibt die 82-Jährige freimütig zu. "Viel lieber wäre ich an den Bodensee gezogen", erinnert sie sich. Dass sie nun, knapp 45 Jahre später, als Oberurseler Identitätsstifterin gefeiert wird, hätte sich die Musikpädagogin damals wohl kaum vorstellen können.
Gerührt stand Schwarz-Schiller am Mittwochabend vor rund hundert Gästen im Großen Sitzungssaal des Rathauses und nahm Blumen, Glückwünsche und eine Urkunde entgegen, die sie als erste Trägerin des "Ursella-Preises" auszeichnete. Aus der Taufe gehoben wurde die Auszeichnung von der Oberurseler CDU. Mit dem Preis sollen Vereine, Institutionen, Gruppen und Einzelpersonen gewürdigt werden, die in ihrem ehrenamtlichen Tun identitätsstiftend für Oberursel gewirkt haben. Dotiert ist der Preis mit 500 Euro, zudem fertigte der Oberurseler Künstler Hendoc einen Wanderpreis in Form einer 1,50 Meter hohen Stele. "Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, waren uns aber alle einig", erklärte Thomas Poppitz, Vorsitzender des Oberurseler CDU-Stadtverbandes und Teil einer sechsköpfigen Jury,
Ilse Schwarz-Schiller sei die logische Wahl gewesen, betonte Stadtverordnetenvorsteher Gerd Krämer (CDU) in seiner Laudatio. Mit ihrem über dreißigjährigen Wirken an der Spitze der "Chopin Gesellschaft" habe sie Maßstäbe gesetzt und die kulturelle sowie musikalische Landschaft stärker geprägt als jeder andere, sagte Krämer. "Diese Leistung ist außergewöhnlich und einzigartig", lobte der Stadtverordnetenvorsteher. So sei es ihr immer wieder gelungen, bekannte Musiker nach Oberursel zu holen, sagte Krämer und erinnerte an den Auftritt von Star-Tenor Hermann Prey im Rahmen der Oberurseler Jubiläumsfeierlichkeiten 1991 und die erste Intermusicale, eine Präsentation des Gesamtwerks von Chopin in einem Zyklus von März 1995 bis Juni 1996.
Förderung von Talenten
Gleichzeitig hob Krämer Schwarz-Schillers Beitrag zur deutsch-polnischen Völkerverständigung und musikalischen Erziehung hervor: "Ilse Schwarz-Schiller hat die Förderung des Nachwuchses zu ihrem Markenzeichen gemacht", sagte er. All jene Skeptiker, die sich in der Anfangszeit der Gesellschaft gefragt hätten, was Oberursel mit Chopin zu tun habe, und ob man das fördern müsse, seien längst verstummt. Mittlerweile sei die Chopin-Pflege ein Highlight der städtischen Kulturlandschaft und etwas, womit man Oberursel identifiziert und womit sich die Oberurseler identifizieren. In Zeiten, in denen Heimat zu einem oft missbrauchten Begriff und schwer zu erreichenden Sehnsuchtsort geworden sei, habe Schwarz-Schiller es geschafft, der Region ein Profil zu geben, den Bürgern ein kulturelles Angebot ermöglicht, das für eine Stadt der Größe Oberursels nicht selbstverständlich sei, und andere motiviert, sich ebenfalls einzubringen. "Damit hat Ilse Schwarz-Schiller einen nachhaltigen Beitrag zur Stärkung der Oberurseler Identität geleistet", schloss Krämer.
Derart geehrt, musste die 82-Jährige "erst einmal Luft holen". Es sei eine große Ehre, als Erste diesen Preis zu bekommen, gebe es doch zahlreiche andere Personen, die ihn ebenfalls verdient hätten, blieb Ilse Schwarz-Schiller bescheiden. "Mit Oberursel und seinen Bürgern fühle ich mich tief verbunden. Die Stadt, in die ich damals gar nicht so recht wollte, ist für mich mittlerweile Heimat geworden", sagte sie.
In ihrer Ansprache erzählte sie von einem Brief Richard von Weizsäckers. "Mit der Förderung junger Pianisten haben Sie sich eine wunderbare Lebensaufgabe geschaffen", habe ihr der damalige Bundespräsident geschrieben. Blickt man auf die ihr verliehene Urkunde, schließt sich der Kreis, denn auch hier findet sich ein Zitat von Weizsäckers: "Kultur, verstanden als Lebensweise, ist vielleicht die glaubwürdigste Politik."

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